Rotel Tours Reiseblog

Eine Weihnachtsgeschichte aus Afrika

Bild: Warzenschwein am Rotel Frühstücksbuffet

Eine Weihnachtsgeschichte aus Afrika – Das Jesuskind und das Warzenschwein

Vor langer, langer Zeit flog die Eule eines Abends lautlos zum Wasserloch, setzte sich auf den Ast eines hohen Baumes und berichtete den Tieren ganz aufgeregt, was sie erfahren hatte.

„Wir haben doch alle den Stern gesehen, der seit einiger Zeit in der Nacht so hell leuchtet“, sagte sie, „der Storch hat mir eben erzählt, was das bedeutet. Dort, wo der Stern steht, ist in einem Stall der König der Welt geboren, der König der Menschen und der Tiere. ´Jesus´ haben seine Eltern ihn genannt.“

Krippe aus Namibia

Weihnachtskrippe aus Namibia

Einen Moment lang war es ganz still. Der König der Welt? Der war sicher etwas ganz Besonderes! „Den will ich sehen und begrüßen”, trompetete der große graue Elefant in die Stille hinein, wer kommt mit?” „Ich, ich“, rief aufgeregt der Springbock und hüpfte wie ein Gummiball um das Wasserloch herum. „Ich auch”, sagte die Giraffe bedächtig und klimperte mit ihren langen Wimpern. „Ohne mich geht ihr nicht”, brüllte der Löwe. Der Elefant sah ihn streng an: „Aber du musst Frieden halten auf unserer Reise – niemand wird gefressen! Ist das klar?” Der Löwe nickte, dem großen grauen Elefanten gehorchte er.

„Nehmt ihr mich auch mit?“, fragte zögernd das Zebra. „Klar, jeder, der Mut hat, darf uns begleiten“, antwortete der Elefant. Da wieherte das Zebra vor Freude. „Mir ist der Weg zu weit und zu gefährlich”, meinte der Schakal und verschwand in der Dunkelheit.

„Lasst uns gleich losgehen“, schlug die Giraffe vor, „in der Nacht ist es kühl und wir können den Stern sehen und ihm folgen”. „Ich würde auch gern mitkommen, um den König der Welt zu grüßen“, hörten die Tiere da eine leise Stimme. Sie schauten sich um. Das Warzenschwein stand vor ihnen und sah sie flehend an. „Das geht nicht”, antwortete der Springbock unfreundlich, „du bist viel zu hässlich! Das Jesuskind bekäme einen Riesenschrecken, wenn es dich anschauen müsste.“  Traurig senkte das Warzenschwein seinen Kopf. Der Springbock hatte Recht – es war hässlich! Wenn es sich beim Trinken im Wasserloch spiegelte, mochte es sich selbst kaum ansehen. Es hatte nur wenige Haare auf seiner grauen Haut, einen dünnen Schwanz, kurze Beine und – was am schlimmsten war – große, abstehende Warzen seitlich am Kopf. ”Richtig“, hörte das Warzenschwein nun das Zebra wiehern, „bleib du lieber hier – man kann sich wirklich nicht sehen lassen mit dir!”

Traurig drehte das Warzenschwein sich um und wollte wieder in den Busch laufen, doch die Giraffe rief es zurück. Sie neigte ihren langen Hals zur Erde und betrachtete das Warzenschwein von allen Seiten. „Es stimmt“, sagte sie, „du bist hässlich, aber du darfst uns trotzdem begleiten, nicht wahr, Elefant?” Der große graue Elefant nickte etwas unwillig und die kleine Gesellschaft machte sich auf den Weg, dem Stern zu folgen.

Vorn lief der Elefant und bahnte einen Pfad durch das oft dichte Dornengestrüpp. Die Giraffe folgte ihm auf ihren langen Beinen und behielt den Stern im Auge. Springbock und Zebra trabten leicht hinter ihnen her, lachten und schwatzten miteinander. Wie ein König schritt der Löwe dahin. Ganz am Ende der Gruppe lief auf seinen kurzen Beinchen das Warzenschwein. Niemand sprach mit ihm.

Oh, wie lang und mühsam war der Weg! Wie oft litten die Tiere Hunger und Durst! Gut, dass die Eule mitgekommen war. Auch sie hatte nämlich beschlossen, den König der Welt zu begrüßen. Am Abend flog sie voraus, erkundete das Land und fand oft ein Wasserloch.

Müde wurden die Tiere, ihre Füße schmerzten, aber sie gaben nicht auf. Und immer heller leuchtete der Stern.

Eines Abends kam die Eule aufgeregt von ihrem Erkundungsflug zurück und berichtete: „Freut euch, meine Freunde, wir haben es bald geschafft. Dort drüben hinter den Hügeln liegt der kleine Ort Bethlehem. Am Rand des Ortes, über einen einfachen Stall, steht unser Stern. Und denkt euch, ich habe Jesus, den König der Welt, schon durch einen Spalt im Dach gesehen! Er ist ein kleines Kind und liegt in einer Futterkrippe. Bei ihm sitzen seine Eltern, Maria und Josef. Sie sind sehr arm, aber Schafhirten waren bei ihnen und haben Geschenke gebracht. Der kleine Jesus liegt nun weich und warm auf einem Schaffell und ein Ochse und ein Esel passen gut auf die Familie auf.“ „Worauf warten wir dann?”, brüllte der Löwe, „lasst uns gehen“.

Die Eule flog wieder fort. Langsam erhoben sich die Tiere, den ihnen allen taten die Beine weh nach der anstrengenden Reise. „Löwe”, mahnte die Giraffe, „wenn du das heilige Kind begrüßt, darfst du nicht so laut brüllen wie gerade eben, sonst erschreckt es sich.“ Der Löwe nickte schuldbewusst. Dann wandte die Giraffe sich an das Warzenschwein. „Du hältst dich am besten im Hintergrund”, sagte sie streng, du weißt ja selbst wie, hässlich du bist.“ Traurig nickte das Warzenschwein, aber in seinem Herzen war es glücklich, dass es bald einen Blick auf das Jesuskind werfen konnte.

Die Tiere mühten sich nun den Hügel hinauf. Sie waren natürlich neugierig, was sie auf der anderen Seite erblicken würden. Wie freuten sie sich, als sie den Stall sahen. Der Stern glänzte über ihm und ihnen war, als hörten sie leise Musik. Sie wollten den Hügel gerade hinunterklettern, da kam die Eule zurück. „Wir müssen noch warten”, flüsterte sie, „das Jesuskind bekommt vornehme Gäste.”

Zum Stall ritten würdevoll drei prächtig gekleidete Männer auf Kamelen und viele Männer zu Fuß folgten. Die Eule, die alles wusste, erklärte: „Da seht ihr die drei Weisen aus dem Morgenland. Auch sie haben eine lange Reise gemacht, um den König der Welt anzubeten.“ „Denen tun die Füße sicher nicht so weh wie uns”, murrte der Springbock. Er war ungeduldig und richtig schlecht gelaunt. „Bringen die weisen Männer dem Jesuskind etwas mit?” fragte schüchtern das Warzenschwein. Die Eule nickte.“ Ja, ich habe gehört, sie wollen ihm ganz kostbare Dinge geben, Geschenke, die man nur einem König macht: Gold, Weihrauch und Myrrhe“. „Ich weiß nicht, was das ist”, meinte der Löwe und wedelte mit seinem Schwanz die Fliegen fort. „Ich auch nicht”, seufzte der große graue Elefant, „aber wir haben gar nichts für das Kind. Wir sind von weit hergekommen, um das Jesuskind zu begrüßen. Unser Weg war mühsam, Hunger und Durst mussten wir aushalten. Ich bin sicher, darüber wird es sich genauso freuen wie über wertvolle Geschenke”, tröstete sie die Eule.

Als die drei Weisen fortgezogen waren, sagte die Giraffe: „Nun lasst uns zum Stall gehen.“ Die kleine Gruppe stieg den Hügel hinab. Wie staunten Maria und Josef, als sie die Tiere kommen sahen. Schnell nahm Maria ihren Sohn auf den Arm und sagte zu Josef: „Komm, wir wollen sie vor dem Stall begrüßen.“ Der große graue Elefant und die Giraffe mit dem langen Hals passen gewiss nicht herein.

Sie stellten sich vor den Stall. Jesus lächelte, als er die Tiere sah. Der Elefant hob seinen Rüssel, trompetete ganz leise, um niemanden zu erschrecken, dann legte er sich nieder. Die Giraffe klimperte mit ihren Wimpern und neigte ihren Kopf ganz tief. Das Zebra wieherte zart und leckte mit seiner rauen Zunge dem Jesuskind die Füße ab. Der Springbock neigte erst seinen Kopf, dann hüpfte er wie ein Gummiball herum zu Ehren des Kindes. Der Löwe traute sich nicht zu brüllen; schweigend legte er sich neben den Elefanten und schaute Jesus an. Die Eule setzte sich auf das Dach des Stalles.

Und das Warzenschwein? Nur einen Blick hatte es auf den König der Welt geworfen. Wie sanft und lieb er aussah! Nein, es wollte ihn mit seiner Hässlichkeit nicht erschrecken. Schnell versteckte es sich hinter dem Stall.

Jesus lächelte noch immer. Die Tiere spürten, dass er sich über ihren Besuch freute. Maria sagte leise: „Wir danken euch, dass ihr den langen Weg zu uns gefunden habt“. Sie wollte zurück in den Stall, aber da merkte sie, dass ihr kleiner Sohn unruhig wurde. Er zappelte ein wenig und schaute nach allen Seiten. „Was fehlte ihm?“ Die kluge Eule erriet, was los war: „Warzenschwein”, rief sie, „ich glaube, das Jesuskind möchte auch dich begrüßen!”

Konnte es wahr sein? Zaghaft kam das Warzenschwein auf seinen kurzen Beinchen hinter dem Stall hervor, legte sich vor Maria und das Kind auf den Boden und schloss die Augen. Gleich würde Jesus weinen vor Schreck, da war es sicher.

Doch es kam ganz anders. Das Warzenschwein spürte plötzlich eine zarte Hand auf seinem Kopf. Es öffnete die Augen und sah, wie das heilige Kind es anlächelte und streichelte! Und tief in seinem Herzen fühlte es, dass Jesus ihm was sagen wollte; „Auch dich Warzenschwein, habe ich sehr lieb!”

Das Warzenschwein hätte singen mögen vor Glück. Leichtfüßig lief es vor den anderen Tieren her, die sich auf den Rückweg machten. Seinen dünnen Schwanz mit der schwarzen Quaste trug es stolz erhoben.

Und seit diesem Tag tragen alle Warzenschweine, wenn sie laufen, ihren Schwanz hoch wie eine Antenne.

 

 

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